Bericht

Das ABC des Lesens

23.01.2009

Ein Vorleseratgeber für Eltern mit Kleinkindern




Titelseite des Elternratgebers
Titelseite des Elternratgebers
Im Rahmen der bundesweiten Kampagne „Lesestart“, die im Juni 2008 von der Stiftung Lesen und ihren Partnern ins Leben gerufen wurde, erhalten 500 000 Familien bei der U6-Vorsorgeuntersuchung vom Kinderarzt ein kostenloses Lesestart-Set mit Materialien zur Sprach- und Leseförderung von Kleinkindern. Neben einem Bilderbuch, einem Mitmach-Tagebuch, einer Broschüre mit Buchempfehlungen und einem Buchgutschein, enthält jedes Set den Elternratgeber „Das ABC des Lesens“. Nachfolgend veröffentlichen wir die deutsche Fassung des Ratgebers. Zusammenfassungen des Textes gibt es auch in türkischer und in russischer Sprache.

Liebe Eltern,
für viele grenzt es immer noch an ein Wunder, wenn ein Kind plötzlich das erste Wort sagt, immer wieder „Mama“ flüstert oder beim Spaziergang aufgeregt „Bus“ ruft. In Wirklichkeit ist es natürlich kein Wunder, sondern eine großartige Leistung. Nach und nach kann Ihr Kind Dinge und Personen mit Wörtern benennen und lernt auf diese Weise das Sprechen. Sie sind ihm dabei die größte Hilfe, weil Sie es ermutigen, ihm Anregungen bieten, Ihrem Kind zur Seite stehen und zeigen, wie die große weite Welt „funktioniert“.
Das Vorlesen und das gemeinsame Bilderbuch-Anschauen eignen sich zum Sprechen lernen besonders gut. Wenn Sie sich mit Ihrem Kind auf das Sofa kuscheln und ihm erzählen, was Sie im Bilderbuch sehen, unterhalten Sie sich schon mit Ihrem ganz kleinen Kind. So fördern Sie spielend seine Gesamtentwicklung. Dann fällt Ihrem Kind später auch das Lesen leichter, das in unserer modernen Gesellschaft so wichtig ist: beim Einkaufen, beim Blättern in der Tageszeitung, in der Schule und im Beruf oder beim Surfen im Internet – ohne Lesen klappt das alles nicht. Wir hoffen, dass Ihnen die Materialien der Lesestart-Tasche viele verschiedene Anregungen geben. In unserem ABC-Vorleseratgeber finden Sie viele Tipps rund um die Entwicklung Ihres Kindes und wie Sie das Vorlesen ganz leicht in Ihren Familienalltag einbauen können. Dabei wünschen wir Ihnen und Ihrem Kind viel Vergnügen und jede Menge Vorlese-Spaß. Und denken Sie daran: Vorlesen ist die preiswerteste Investition in die Zukunft Ihres Kindes!

Die Initiatoren von „Lesestart – Die Lese-Initiative für Deutschland“

Buchstaben sind überall
Wir leben in einer Welt voller Buchstaben. Sie sind einfach überall. Auf Verpackungen, auf Prospekten, auf Zeitungen, in Zeitschriften und Büchern, im PC und im Fernseher. Und ganz selbstverständlich nutzen wir das Schreiben und das Lesen, weil diese Dinge zu den großen Kulturleistungen der Menschheit gehören. Mit Buchstaben etwas anfangen können, das muss man lernen. Von klein auf. Es müssen Erwachsene da sein, die den Kindern vermitteln, welch großartiges Ding diese Buchstaben sind. Die Kleinen machen es uns Großen in diesem Punkt eigentlich leicht. Sie ahnen schon lange vor der Schulzeit, dass es etwas auf sich hat mit dem roten A auf den Apotheken, mit den Schildern auf den Autos, mit dem M auf der Milchpackung und mit dem Geflimmere auf dem elterlichen PC-Bildschirm.

… das ganze Leben lang
Das Lesen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um in unserer Gesellschaft zurechtzukommen. Wer das Lesen beherrscht, hat es in der Schule leichter, denn die Fähigkeit, Sinn erfassend zu lesen, gibt den Kindern die Grundlage, erfolgreich ihre Schullaufbahn zu meistern. Das ist auf viele Bereiche übertragbar und gute Lesekenntnisse sind eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches und bereicherndes lebenslanges Lernen. Wer souverän mit Geschriebenem umgehen kann, ist oft auch in der Lage, besser im Beruf zu bestehen. Und wer gut lesen kann, liest in der Regel gerne und hat viel Spaß mit Büchern.

Die Medienwelt ist groß und Bücher gehören dazu
Der Wert des Lesens ist den meisten Menschen bewusst. Und dennoch bleibt in unserem Alltag dafür nicht allzu viel Zeit übrig, denn wir sind von einer Vielzahl von Medien umgeben: Fernseher, PC, Gamecube, Nintendo, Organizer, Handy. Da bleibt für Zeitung und Buch nicht allzuviel Zeit übrig. Unsere Kinder wachsen umgeben von vielen dieser Medien auf – die alle locken. Darum brauchen Ihre Kinder und Sie konkrete Anregungen, um auch die Bücherwelt mit Spaß und Freude zu entdecken.

Wie führt der Weg zu den Buchstaben?
Der Weg zu den Buchstaben führt über die Sprache. Wer Buchstaben und Worte hören kann, wird später auch in der Lage sein, sie zu lesen und zu schreiben. Wichtig ist, den Weg zu den Büchern zu finden, dem kleine Kinder mit Interesse und Freude folgen können. Er muss ansprechend aussehen, sich anfassen lassen, ruhig sein und zur Konzentration einladen, denn Kinder in diesem Alter müssen alles, was sie lernen, be-„greifen“. Sich gemütlich und in aller Ruhe mit seinem Kind ein Bilderbuch anzuschauen, ist dafür der ideale Weg. Noch kann Ihr Kind die Buchstaben nicht erkennen. Das ist auch noch gar nicht notwendig: Es geht erst einmal darum, Ihr Kind an das Buch heranzuführen, an dieses Ding zum Umblättern und Anschauen, das man überall mit hinnehmen kann. Das fasziniert und mit dem man so großartig sprechen üben kann. Es macht einfach Spaß, Seite für Seite aufzuschlagen, egal in welcher Reihenfolge, auf dem Kopf stehend oder richtig herum. Doch was ist schon richtig, wenn man ein Jahr alt ist? Eines: Auch Mama und Papa haben solche Dinger, schauen hinein, sagen „aha“ oder „so geht das also“, runzeln die Stirn oder lächeln.

Lesen lernen fängt mit Bildern an
Der kleine Tim sitzt auf dem Küchenboden. Vor ihm liegen einige Spielsachen, mittendrin ein Buch. Tim blättert eine Seite des dicken Pappbandes um. Das beherrscht er schon eine ganze Weile. Aber er hat bislang noch nichts darauf erkannt. Jetzt wird er auf einmal ganz aufgeregt: „Da, da, da!“ Er zeigt auf das Auto, das er entdeckt hat: „Auto, Auto!“ Voller Staunen schaut er seine Mutter an. „Ja, das ist ein Auto. Kannst du das erkennen?“ fragt sie. „Da, da, Auto.“ Immer wieder schaut Tim auf die Buchseite, immer wieder fährt er mit seinen Fingern über die flache Seite. Kein Zweifel, da ist ein Auto zu sehen – aber nicht zu fühlen. Tim hat soeben eine großartige Entdeckung gemacht– er hat begonnen zu „lesen“. Es ist ihm gelungen, sein Bild vom Auto, das er im Kopf hat, auf dem Bild im Buch wiederzuerkennen. Diese Fähigkeit wird er nicht mehr verlieren, sondern er wird sie verfeinern. Erst wird er einen Gegenstand sehen, dann mehrere, nun kleine Szenen und Jahre später die Buchstaben.

Vorlesen ist ein Wundermittel
Die meisten Erwachsenen haben beim Begriff „Vorlesen“ eine typische Szene im Kopf: Oma oder Opa sitzt im Ohrensessel, ein dickes Buch in der Hand, und liest und liest. Ein Kind sitzt dabei und lauscht. Nun ist dies nicht mit dem Vorlesen bei Kleinkindern zu vergleichen, denn sie können noch keinen langen Erzählungen zuhören. Aber sie können Seiten umblättern, sie können auf Gegenstände zeigen, sie können sich zu dem Gesehenen etwas erzählen lassen: „Schau, das ist ein Ball. So einer wie du ihn hast. Nachher können wir wieder damit spielen.“ Oder wenn das Kind sagt: „Rot! Apfel rot!“ könnte Ihr Kommentar sein: „Ja, du hast Recht, das ist ein roter Apfel!“

Vorlesen richtig gemacht
Viele Erwachsene sind sich unsicher, wie sie „richtig“ vorlesen. Dabei ist es ganz einfach, denn die Grundvoraussetzung ist: Kinder lieben das Zuhören. Und genau wie bei anderen Tätigkeiten, die wir gern verrichten, sollten wir auch für das Bilderbuch-Anschauen einen passenden Platz suchen. Ideal sind ein gemütlicher, kuscheliger Ort und das Vorlesen am Abend kann passenderweise am Bett des Kindes stattfinden. Wichtig beim Vorlesen ist auch die Stimme des Erzählers. Die sollte dem Erzählten angepasst sein, also freudig, aufgeregt, ängstlich, wütend klingen. Denn so wie wir Großen bei „Leierstimmen“ innerlich abschalten, tun dies auch die Kinder. Zeigen Sie, dass auch Ihnen das Vorlesen Spaß macht. So lernen die kleinen Zuhörer, dass Bücher anschauen etwas Schönes ist.

Vorlesen als Sprachförderung
Den Grundstock für die Sprachfertigkeiten Ihres Kindes legen Sie in den ersten Jahren, das haben Wissenschaftler immer wieder bewiesen. Um gut sprechen zu lernen, gibt es einen idealen Weg: die Kommunikation mit anderen Menschen, insbesondere mit vertrauten Personen. Weder Kassette, Fernseher noch Computer können die direkte Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem Kind ersetzen. Bücher sind ein ideales Mittel, um mit Kindern ins Gespräch zu kommen. Sie bilden die ganze Welt ab und jedes Kind kann sie so oft und langsam anschauen, wie es will. Konzentrieren Sie sich beim Vorlesen auf das Sprechen mit dem Kind. Am besten geht das in ruhiger Atmosphäre ohne ablenkende Hintergrundgeräusche.

Vorlesen als Zuwendung
Eltern fragen sich häufig, wie viel Zeit sie sich mit ihrem Kind beschäftigen sollen. Im Alltag ist es neben dem arbeitsintensiven Haushalt, beruflichen Verpflichtungen und anderen Terminen nicht einfach, einem Kind die nötige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Umso wichtiger ist es, dass sich Eltern und andere Bezugspersonen in der manchmal kurzen Zeit, die ihnen zur Verfügung steht, ganz dem Kind zuwenden: mit ihm reden, spielen, kitzeln, kuscheln, essen und draußen bewegen. Vorlesen gehört zu den idealen Aktivitäten, die ein Kind spüren lassen, dass der Erwachsene ganz allein für es da ist, dass alles andere in diesem Moment unwichtig ist. Und auch Sie finden so Möglichkeiten, der Hektik des Alltags zu entfliehen und Ihrem Kind ganz nah zu sein.

Vorlesen als Problemlösung
Der Tag eines kleinen Kindes besteht aus lauter kleinen Highlights – und lauter kleinen Dramen. Im Laufe des zweiten Lebensjahres gehört zu diesen Erlebnissen alles, was mit dem Familienleben, der Entwicklung seiner Motorik, erstem Realisieren der Außenwelt, dem Beginn des Trotzalters und eventuell der Geburt eines Geschwisterchens zusammenhängen. All das beschäftigt das Kind. Aber die Erwachsenen können mit ihm noch nicht darüber reden wie mit einem älteren Kind. Schaut man mit ihnen hingegen Bücher an, in denen es um diese Themen geht, sind sie oft fasziniert. Mal sitzt ein kleiner Junge strahlend auf einem Bobbycar oder eine Mutter kommt müde mit dem neuen Baby aus der Klinik, mal will ein kleines Mädchen auf einmal nur noch trotzig „Nein!“ sagen. Die kleinen Betrachter erkennen all das wieder, sehen im Buch, wie sich Schwierigkeiten lösen lassen – und wollen die Seiten immer und immer wieder anschauen oder besprechen. Tag für Tag, manchmal Woche für Woche. So lang, bis sie das Thema verarbeitet haben.

Sich konzentrieren lernen
Alle Kinder, ob klein oder groß, sind neugierig auf ihre Umwelt. Um die in ihrer Ganzheit erfassen zu können, ist es wichtig, dass sie jeden Handgriff, jede Erkenntnis, jeden Zusammenhang einzeln erfahren, auf eine Sache konzentriert. Vorlesen oder über Bilderbücher reden ist ein ideales Mittel, um die Aufmerksamkeit zu steigern. Dabei können die kleinen Jungen und Mädchen üben, sich über längere Zeit – das sind in diesem Alter meist nicht mehr als fünfzehn Minuten – ganz einer Sache zu widmen. Wichtig ist, dass die Situation nicht unterbrochen wird: Lassen Sie das Telefon einfach einmal klingeln, beantworten Sie die SMS erst später und laden Sie das Geschwisterkind, das gerne etwas ganz anderes mit Ihnen tun will, ein, sich dazuzusetzen.

Rituale sind wichtig
Kinder brauchen Regeln, Grenzen und Rituale. Denn für sie hat der Tag eine unüberschaubare Menge an Zeit und Handlungsmöglichkeiten. Für sie passiert alles jeden Tag neu und wie zum ersten Mal. Erst im Laufe der Jahre entwickeln Kinder ein Zeitverständnis und damit verbundene Handlungen. Rituale bedeuten für Kinder Orientierung, Sicherheit, Halt und Struktur. Eltern tun ihren Kindern somit einen großen Gefallen, wenn sie die Tage möglichst gleichförmig ablaufen lassen. Mahlzeiten sollte es nach Möglichkeit zu festen Zeiten geben, bei denen man sich ungestört unterhalten kann. Für Aktivitäten wie Spielen, Einkaufen und Besuche gilt das ebenfalls. Diese gleichförmigen Abläufe sind für Kinder wichtig.

Das Tagesritual Lesen
Bücher anschauen und Vorlesen bereitet den meisten Kindern große Freude. Allerdings nicht immer. Es gibt im Tagesablauf Situationen, in denen es sinnlos ist, kleinen Mädchen und Jungen vorzulesen oder in Ruhe mit ihnen sprechen zu wollen. Das betrifft Zeiten, in denen sie Hunger oder einen großen Bewegungsdrang haben, in denen sie intensiv mit etwas beschäftigt sind oder mit Freunden spielen. Dann sollten die Grundbedürfnisse gestillt werden bzw. sie nicht unterbrochen werden. In Momenten hingegen, in denen die Kleinen ruhig sind oder Ruhe benötigen, sind Bücher sehr willkommen. Das sind die Minuten, viertel- oder halbe Stunden nach den Mahlzeiten, nach dem Spaziergang, vor dem Schlafengehen. Es kann auch andere Zeiten betreffen, bei kleinen Frühaufstehern zum Beispiel die Stunde, bevor alle anderen wach werden. Oder es sind Wartezeiten, beim Arzt, in der Bahn, wenn Besuch kommt. Mütter und Väter wissen meist um diese „stillen Momente“ im Alltag. Nutzen Sie sie für das Vorlesen! Es gibt kaum ein sinnvolleres und schöneres Mittel, um gemeinsam mit dem Kind zur Ruhe und ins Gespräch zu kommen.

Das Abendritual Lesen
Das Ins-Bett-Gehen fällt kleinen Kindern nicht immer leicht. Sie sind scheinbar nicht müde, liegen im Bett und rufen immer wieder nach ihren Eltern. Um den Tag in Ruhe ausklingen zu lassen, bietet sich das abendliche Vorleseritual an. Dieses kann bereits einige Zeit vor dem eigentlichen Schlafengehen beginnen und alle abendlichen Tätigkeiten umfassen – das Abendessen, noch ein bisschen Spielen, Waschen, Zähneputzen, Schlafanzug-Anziehen und ins Bett schlüpfen. Dann sind das Vorlesen, eventuell das Beten und das Vorsingen dran. Eltern, die schon früh mit dem Vorlesen beginnen, haben meist für viele, viele Jahre ein wunderbares Mittel, ihre Kinder zu beruhigen. Es sind Ihre Stimme, Ihre Achtsamkeit und Ihre gegenseitige Zuwendung, die auf das Kind entspannend wirken.

Eltern sind Vorbilder
Lernen im Kleinkindalter geschieht vor allem durch Nachahmung. Ohne dass die Erwachsenen viele Worte machen müssen, beherrschen die Kinder viele Handgriffe. Nur manchmal ist dann noch eine kurze Erklärung nötig – und schon wissen sie, wie man den Löffel und das Glas hält, wie man den Ball wirft, wie einen Baustein auf den anderen setzt. Genau so funktioniert auch Leseerziehung. Kleine Kinder spüren, dass es spannend sein muss, ein Buch aufzuschlagen und sich darin zu vertiefen – das sehen sie bei den Großen: Wenn der Papa ins Kochbuch schaut und anfängt, sich selber daraus vorzulesen, während er die Zutaten zusammenstellt, wenn die Mama die Straßenkarte aufschlägt und die Strecke in den nächsten Urlaubsort sucht. Wenn beide Eltern „Pst, lass uns einen Moment die Zeitung lesen“, sagen. Und wenn das Kind abends aus dem Bett krabbelt und Mama und Papa in ein Buch versunken auf dem Sofa vorfinden. All diese Bilder setzen sich in Kinderköpfen fest.

Wohnen mit Büchern
Wenn kleine Kinder mit Büchern aufwachsen, gehören diese zum Leben dazu. Sie stehen in den einzelnen Räumen, sie werden benutzt, Mama und Papa sind sie so wichtig, dass sich die beiden damit umgeben. Das Wohnen mit Büchern macht diese selbstverständlich. Eltern können diesen Effekt positiv verstärken. Und zwar, indem sie dem Kind ein eigenes Bücherregal einrichten. Entweder in seinem Zimmer oder in der untersten Reihe des elterlichen Regals – auf letzteres sind die Kleinen oft besonders stolz und es macht ihnen viel Spaß, aus einer bunten Auswahl wechselnde Lieblingsbücher auszusuchen.

Was ist mit Fernseher und Computer?
In den meisten Haushalten steht ein Fernseher. Oft sogar zwei oder drei. Dazu kommen viele andere Bildschirmmedien wie PCs, Spielkonsolen, Gameboys und Handys. Alles Medien, mit denen Einjährige noch nicht umgehen. Für Ihre Wahrnehmung sind die schnellen Bildfolgen auf den Bildschirmen unverständliches Geflimmere. Darum ist es gut, wenn Sie darauf achten, dass Babys und Kleinkinder von solchen wechselnden Geräusch- und Bildhintergründen nicht lange umgeben sind. Das kommt z. B. vor, wenn der große Bruder oder die große Schwester am PC spielt, Fernsehen schaut, mit dem Gameboy spielt. Das erschwert auf Dauer die Entwicklung von Konzentration.

Die richtigen Bücher: Beschaffenheit
Bücher für ganz kleine Kinder sind auch oft klein, damit die Jungen und Mädchen selber umblättern können. Sie bestehen meist aus robustem Material: unverwüstlichem Holz, dicker Pappe, haltbarem Plastik oder knautschfestem Stoff. Denn selbstverständlich möchten die Kinder mit den Büchern spielen wie mit anderen Gegenständen auch. Sie wollen Bücher stapeln, in ein Bauwerk einplanen, sie mit in die Badewanne und auf den Spielplatz nehmen oder sie bei einem Trotzanfall in die Ecke feuern. Klar, dass ein geliebtes Bilderbuch dann nicht mehr das Prädikat „nagelneu“ erhalten kann. Es ist Spielgegenstand und Anschauungsobjekt! Allerdings ist es trotzdem sinnvoll, den Wert der Bücher zu vermitteln: Sie kosten Geld, man möchte sie längere Zeit verwenden und aufheben.

Die richtigen Bücher: Geschichten
Damit Kinder Spaß am Lesen entwickeln, sollten sie die richtigen Bücher im richtigen Alter in den Händen halten. Die ersten Bücher zeigen Abbildungen von einfachen Dingen: einzelne Gegenstände, die ein Kind aus seinem Lebensumfeld kennt – aus dem Kinderzimmer, dem Bad, der Küche, aus dem Wohnzimmer und aus dem Keller – oder Haustiere und Tiere, die auf einem Bauernhof leben. Im Laufe der Zeit können die Kinder dann mehr Gegenstände auf einer Seite zuordnen und später auch übersichtliche erste Szenen, in denen Menschen etwas tun, verstehen. Dazu werden oft schon kleine Geschichten erzählt. Allerdings möchten nicht alle Kinder diese Erzählungen auch von Anfang bis Ende hören. Gerne schauen sie sich nur einzelne Seiten an.

Die richtigen Bücher: Lieder, Reime und Fingerspiele
Für das Kleinkindalter gibt es Bücher, die noch nicht für Kinderhände geeignet sind. Bücher mit Liedern, Fingerspielen, Kniereitern und Kinderreimen. Und dennoch sind die Kleinen begeistert, wenn die Großen sie aus dem Regal holen. Denn alle Kinder, ohne Ausnahme, lieben es, wenn Erwachsene ihnen etwas vorsingen. Oder wenn die Großen mit ihnen Kniereiter spielen, wenn sie mit Fingerspielen Theater aufführen und wenn sie Kinderreime erzählen. Kinder genießen die Mischung aus Worten und Klängen, aus sprachlichen Wiederholungen und Rhythmen. Sie entwickeln dabei musikalisches Verständnis, sie lernen Sprache und vor allem lassen sie sich damit beruhigen und beschäftigen. Beim Einschlafen, wenn sie sich wehgetan haben, bei der Untersuchung beim Kinderarzt, beim Kaffeetrinken mit Oma und Opa, während langweiliger Zug- oder Busfahrten. Deshalb sind solche „Hausbücher“ sinnvoll. Denken Sie daran, dass Kinder Fans von klassischen Versen und Volksliedern sind. Nutzen Sie die oft beigefügten CDs zum gemeinsamen Anhören, Singen und Spielen.

Wo gibt es Tipps für Bücher?
Der Kinder-Buchmarkt ist riesig und es ist für Eltern gar nicht leicht, sich da zurechtzufinden. Viele Neuerscheinungen drängen auf den Markt. Doch um die richtigen Bücher für ein Kind kaufen zu können, benötigen Mütter und Väter Informationen. Die erhalten Sie u. a. in Bibliotheken und in Buchhandlungen. In Ihrer Stadtbibliothek beispielsweise können Sie nach Herzenslust stöbern, sich ausführlich beraten lassen und alle Bücher, die Ihnen und Ihrem Kind gefallen, ausleihen. Buchhandlung haben oft eigene Kinderbuch- und Spielecken, in denen sich die kleinen Kinder umschauen, während Sie sich von den Buchhändlerinnen und Buchhändlern geeignete Bücher für Ihr Kind empfehlen lassen. Viele Buchtipps finden Eltern auch in Familien-Zeitschriften, Zeitungen und im Internet, z. B. bei amazon.de. Hier können Sie schnell und unkompliziert von zu Hause Bücher bestellen. Broschüren mit Buchtipps erhalten Sie bei der Stiftung Lesen in Mainz. Dort werden ausführlich zwei Mal jährlich aktuelle Neuerscheinungen vorgestellt. Diese Informationen gibt es auch unter www.stiftunglesen.de.
Viele Tipps bekommen Sie auch bei Gesprächen mit anderen Eltern, die oft gute Tipps geben können, welche Titel bei ihren Kleinen gut ankommen.

Herausgeber:
Stiftung Lesen, Römerwall 40, 55131 Mainz
Verantwortlich: Heinrich Kreibich
Programme u. Projekte: Gaby Hohm
Textvorlagen: Bettina Mähler
Redaktion: Sabine Bonewitz
Übersetzung ins Türkische: Hüseyin Haydaroglu
Übersetzung ins Russische: Evgenij Vengerov
Layout/Illustration: Hildegard Müller
Fotos: Stiftung Lesen, Ravensburger Buchverlag


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Redaktionskontakt: schuster@dipf.de