Bericht

Östlich der Sonne und westlich vom Mond

14.12.2006

Paul Maar hat ein Buch mit über 100 Kindergeschichten herausgegeben


Cover des Buches
Cover des Buches "Östlich der Sonne und westlich vom Mond"
„Östlich der Sonne und westlich vom Mond“ – an diesem geheimnisvollen Ort spielt ein Märchen von Lisa Tetzner. Und unter diesem geheimnisvollen Titel hat Paul Maar über 100 Kindergeschichten versammelt.
100 Geschichten (!) – mit welcher fängt man da an? Als Erstes ein Wuschel jagen mit Pu? Vielleicht mit Tom Sawyer einen Zaun streichen? Dem „Buchstaben-Tauscher“ auf die Spur kommen? Es fällt wirklich schwer, sich zu entscheiden!

Paul Maar entscheidet sich zunächst für Märchen – im ersten Kapitel für die „Klassiker“, im zweiten für Märchenparodien. Da begegnet dann Gelbkäppchen einer Giraffe, die arme Hexe der bösen Gretel, und Dornröschen schickt den Prinzen fort – und dreht sich behaglich vom Rücken auf den Bauch! Den Märchen folgen Fabeln und Tiergeschichten, Schildbürgerstreiche und „Eulenspiegeleien“. Wobei nicht nur Till Eulenspiegel seine Späße treibt, sondern auch seine zwei „Kollegen“: Der jüdische Herschel von Ostropol und der türkische Nasreddin Hodscha.

Bei Paul Maar gibt es die unwahrscheinlichsten Geschichten zu entdecken – vom „Krokodil beim Zahnarzt“ (Renate Welsh) bis zum „Granitblock im Kino“ (Franz Hohler). Daneben haben aber auch die leisen und „alltäglichen“ Geschichten ihren Platz: Zum Beispiel wenn Stefan überlegt, „wie das ist, wenn man verliebt ist“ (Karin Gündisch). Oder ein trauriger Mann sich auf die Suche macht – nach seinem persönlichen „Stück Glück“ (Klaus Kordon).

Welche Geschichte die „schönste“ ist? Eine schwierige Frage. Und wenn im Untertitel einfach alle zu den „schönsten“ erklärt werden, klingt mir das etwas zu pauschal. Viel wichtiger finde ich die große Bandbreite: An kurzen und langen, bekannten und unbekannten Texten – und nicht zuletzt an Autoren. Denn werden „Kinderbuch-“ und „Erwachsenenautoren“ sonst gern voneinander getrennt, so stehen sie hier gleichberechtigt nebeneinander: Der „eigensüchtige Riese“ von Oscar Wilde neben „Widele-Wedele“ von Otfried Preußler, die „Angstkatze“ von Robert Gernhardt neben dem „kleinen Hund“ von Mirjam Pressler.

Im „Nachwort für erwachsene Vorleser“ heißt es: „Kinder brauchen Geschichten so nötig wie Vitamine und Mineralstoffe.“ Und diese Auswahl macht wirklich „Appetit“ – auch durch die Illustrationen von Philip Waechter. Auf seinen Bildern ist das Buch ein äußerst verlockender Gegenstand: Man kann mit einem Kopfsprung darin eintauchen wie in ein Schwimmbecken, man kann damit abheben wie mit einem Ballon. Und Bücher machen groß (vor allem im Stapel!). In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen!

Zum Herausgeber: Paul Maar, geboren 1937 in Schweinfurt, ist Autor von mehr als 40 Kinder- und Jugendbüchern, von Hörspielen, Film- und Fernsehdrehbüchern, Theaterstücken für Kinder und Erwachsene, außerdem Illustrator. Für sein literarisches Schaffen erhielt er zahlreiche Preise, u. a. den Deutschen Jugendliteraturpreis, den Österreichischen Staatspreis, den Brüder-Grimm-Preis. Die Filme „Das Sams“ und „Sams in Gefahr“ nach seinen Samsbüchern wurden mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet.

Zum Illustrator: Philip Waechter, geboren 1968 in Frankfurt/M., arbeitet für unterschiedliche Buchverlage und gelegentlich für das Fernsehen. Er lebt als freier Grafiker und Illustrator in Frankfurt am Main und hat 1999 mit anderen Illustratorinnen und Illustratoren die Ateliergemeinschaft LABOR gegründet. Zahlreiche Veröffentlichungen (u.a. „Die Geschichte meines Opas“, „Rosi in der Geisterbahn“).

Zum Buch: Paul Maar (Hrsg.) ; Philip Waechter (Ill.): Östlich der Sonne und westlich vom Mond. Die schönsten Kindergeschichten. Berlin: Aufbau-Verlag, 2006
414 S., 22,00 EUR

Autorin: Gretel Unterstenhöfer


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