Bericht

Große für Kleine

24.05.2006

Eine Stiftung hilft beim Lesenliebenlernen




Vorlesebibliothek
Vorlesebibliothek
© Stiftung Lesen
Carla liebt die Vorlesestunden in ihrer Lieblingsbücherei. Einmal im Monat kommt ein „Leseopa“ und liest Carla und anderen Mädchen und Jungen vor. Carla verpasst selten einen dieser Nachmittage und manchmal kann sie sich sogar von dem „Leseopa“ wünschen, was er vorlesen soll. Der „Leseopa“ ist Lesepate der Stiftung Lesen und engagiert sich gerne für die jungen Menschen. Er ist überzeugt davon, dass Vorlesen und Erzählen wichtige Investitionen in die Zukunft der Kinder sind. Im Auftrag der Stiftung will er mit dem Vorlesen das Sprachvermögen und die Konzentrationsfähigkeit der Kinder fördern, ihre Phantasie anregen und Lesespaß vermitteln.

Die Stiftung Lesen
Die unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten stehende Stiftung Lesen bietet seit 1988 außerschulische und schulische Projekte zur Leseförderung sowie Forschungsstudien. Mit zahlreichen Aktionen gibt sie dem Lesen und der Lesekompetenz im Zeitalter von Computer, Videospiel und DVD seine Bedeutung zurück und will beim Lesenlernen und Lesenliebenlernen helfen. Die Stiftung selbst versteht sich als „Ideenwerkstatt für alle, die Spaß am Lesen vermitteln wollen“. Ihr Ziel, das Lesen in der Medienkultur zu stärken, hat sie längst erreicht. Mit spannenden Projekten in Kindergärten und Schulen, die aber auch für zu Hause und für außerschulische Orte wie Bibliotheken geeignet sind, zieht sie alle in ihren Bann und begeistert Kinder und Jugendliche für das Lesen. Unterstützt wird sie dabei von zahlreichen Medienpartnern und Kultursponsoren, Freunden und Förderern.

Je früher, desto besser!


Kinder finden Geschichten spannend
Kinder finden Geschichten spannend
© Stiftung Lesen
Die Stiftung Lesen ist überzeugt, dass Leseförderung nicht früh genug beginnen kann. Studien, gerade aus der Hirnforschung, belegen, dass sich die Sprach- und Lesefähigkeit ganz entscheidend in den ersten Lebensjahren entwickelt. Ein wichtiger Grund für die Stiftung, den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Kinder- und Nachwuchsförderung zu legen. Mit ausgesuchtem Infomaterial, Leseempfehlungen und Leseprojekten richtet sie sich an Eltern sowie Erzieherinnen und Erzieher in Kindergärten und Kindertagesstätten. Die Stiftung stellt ihnen eine Handmappe zur Verfügung. Diese entstand aus Erfahrungen und Ergebnissen eines dreijährigen Modellprojekts zur Leseförderung in Kindertagesstätten und Ideen des Wettbewerbs „Der Goldene Vorlesebär“. Unter dem Leitsatz „Macht die Kindheit lebendig“ enthält diese Mappe Ideen, Projekte und Erfahrungen zum spielerischen Umgang mit Büchern im Kindergarten.

Frühkindliche Spracherziehung
Augenmerk legt die Stiftung Lesen auch auf die Sprachförderung im Kindergarten. Mit den Projekten „Komm mit! Lies und spiel mit Ali und seinen Freunden“ und „DAS BIN ICH - Sprachförderung im Kindergarten“ setzt sie sich für einen besseren Spracherwerb von Kindern ein. „Komm mit! Lies und spiel mit Ali und seinen Freunden“ ist ein Lesespielheft, das vom Hessischen Sozialministerium gemeinsam mit der Stiftung Lesen produziert wurde und Kinder mit Migrationshintergrund in Hessen beim Deutschlernen unterstützt. Das Material, in dem der vierjährige Ali, sein großer Bruder Berkhan und ihre Freundinnen Daniela und Cecilia vorgestellt werden, erzählt aus dem Alltag der vier Kinder und enthält Spiele, Bastelideen, Lieder und Rezepte. „DAS BIN ICH“ ist ein umfassendes Modulsystem für die Sprachförderung im Kindergarten, das die Stiftung Lesen gemeinsam mit dem Finken Verlag anbietet. Es ist auf dem aktuellsten Stand von Entwicklungspsychologie und Fachdidaktik und möchte der zunehmenden Bedeutung frühkindlicher Spracherziehung im Kindergarten Rechnung tragen.

Startpaket für Babys
Auch die ganz Kleinen kommen bei der Stiftung Lesen nicht zu kurz! Unter dem bezeichnenden Namen „Bookstart“ sollen in den nächsten Jahren alle neugeborenen Babys in Deutschland ein Startpaket mit Bilderbüchern, einer Informations-Broschüre für die Eltern und Vorleseempfehlungen erhalten. Die Idee ist von den englischen Partnern des Booktrust adaptiert. Booktrust hat herausgefunden, dass Kleinkinder deutlich bessere sprachliche und soziale Leistungen vorweisen, wenn sie früh mit Büchern in Kontakt kommen.

Das Vorlesen nimmt eine zentrale Rolle ein
Eine zentrale Rolle in der Leseförderung von Kindern spielt das Vorlesen. Auch bei der Stiftung Lesen steht es bei vielen Aktionen im Mittelpunkt. So richtet die Stiftung mit Unterstützung von Unternehmerspenden „Vorlesebibliotheken“ in Kindergärten und Kindertagesstätten ein. Jede Bücherkiste enthält gut 30 besonders empfehlenswerte Bücher zum Bilder-Betrachten und Vorlesen. Die Stiftung initiiert Vorlesemobile - Rollende Lernwerkstätten fürs Vorlesen und Erzählen. Drei Referentinnen bieten bundesweit in Bibliotheken, Freiwilligen-Agenturen oder auch Familienbildungsstätten Seminare und Vorträge rund um das Thema „Wie mache ich Vorlesen für Kinder zu einem besonderen Erlebnis“ an und zeigen: Es ist gar nicht so schwierig, Kinder durchs Vorlesen geeigneter Bücher zu begeistern und einen Beitrag zur Phantasie- und Sprachentwicklung zu leisten. Interessierte, die Spaß am Lesen und Vorlesen haben und ihre Begeisterung teilen möchten, können von ihnen zu Vorlesepaten ausgebildet werden. Vorlesepaten lernen, wie man geeignete Kinderbücher auswählt, eine lesefreundliche Atmosphäre im Kindergarten, in der Grundschule, der Bibliothek oder zu Hause schafft, und wie man eine Vorlesestunde zu einem besonderen Erlebnis macht. Als Lesepate wird man Mitglied des Vorleseclubs und erhält regelmäßig aktuelle Leseempfehlungen und Informationen zu den neuesten Projekten der Stiftung.

In Rheinland-Pfalz führt die Stiftung Lesen gemeinsam mit dem Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend seit Herbst 2005 das Projekt „Ein Rucksack voll Lebensfreude durch“. Vorlesepaten besuchen gezielt Wohngebiete mit einem hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund. Sie unterstützen dort das familiäre Umfeld, ergänzen sinnvoll schulische Angebote und führen die Kinder unter Beachtung der kulturellen Identitäten auf spielerische Weise an das Lesen heran. Dazu wird ihnen ein Leserucksack zur Verfügung gestellt, der 20 Bilderbücher, Märchenbücher, Kinderromane, Sachbücher und Vorlesegeschichten enthält, die sich besonders zur Sprachförderung bei Kindern im Alter von sechs bis 12 Jahren eignen.

Gemeinsamer Vorlesetag im November
Der Stiftung Lesen haben sich bisher bundesweit 8.000 ehrenamtliche Vorleserinnen und Vorleser angeschlossen, die in ihren Heimatorten eine Vorlesepatenschaft übernommen haben und regelmäßig in Kindergärten, Grundschulen, Bibliotheken oder Krankenhäusern vorlesen. Ziel des Projektes im Rahmen der Initiative „Wir lesen vor - überall & jederzeit“ der Stiftung Lesen und der Wochenzeitung Die ZEIT ist es, ein Netzwerk von Ehrenamtlichen zu knüpfen, die durch ihr Engagement einen wichtigen Beitrag zur aktiven Sprachentwicklung von Kindern leisten und zugleich den Kontakt zwischen den Generationen fördern. Höhepunkt der Aktion ist der jährliche gemeinsame Vorlesetag „Große für Kleine“. Alle, die gerne vorlesen, können am 17. November 2006 überall in Deutschland vorlesen. Im vergangenen Jahr engagierten sich über 2.500 „Große“ und lasen an rund 500 Orten in ganz Deutschland den „Kleinen“ vor.

Starkes Engagement an Schulen
Auch an den Schulen ist die Stiftung Lesen ausgesprochen aktiv. Mit einem vielfältigen Programm fördert sie die Lesekultur an Grundschulen und an weiterführenden Schulen. In Rheinland-Pfalz und Hessen unterstützt sie mit den dort zuständigen Ministerien die Bildung von Lesescouts an Schulen: Lesescouts lotsen andere Kinder und Jugendliche durch die Welt der Bücher, um so aus Nichtleserinnen und Nichtlesern begeisterte Leserinnen und Leser zu machen. In Sachsen unterstützt die Stiftung gemeinsam mit dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus die Förderung der Lesemotivation bei Schülerinnen und Schülern. Alle rund 900 sächsischen Grundschulen, einige lernzielgleich unterrichtende Förderschulen und ausgewählte Kindergärten Sachsens werden mit Buchpaketen, Handreichungen für Lehrkräfte und Erzieher, aktuellen Leseempfehlungen und dem Elternratgeber „Die besten Medien für Ihr Kind“ ausgestattet. In Niedersachsen gründete die Stiftung Lesen die Akademie für Leseförderung: Seminare und Vorträge für Erzieher, Lehrer, Bibliothekare und andere Multiplikatoren vermitteln bewährte und neue Methoden der Leseförderung und informieren über aktuelle Projekte und Programme der Stiftung Lesen.

Ein „Renner“ unter Jugendlichen sind auch die von der Stiftung Lesen bundesweit eingerichteten Leseclubs. Das sind freizeitorientierte Treffpunkte in Schulen, Bibliotheken und anderen Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit zusammenkommen, um zu lesen, zu spielen, zu basteln und sich zu unterhalten. In den Clubs können sie sich ohne Zwang und ohne Noten mit Literatur und anderen Dingen, die sie interessieren, beschäftigen.

Zeitschriften in die Schulen
Eine wissenschaftliche Befragung der Stiftung Lesen hat gezeigt, dass Publikumszeitschriften bei Jugendlichen die Leselust wecken und ihre regelmäßige Lektüre die Lesekompetenz steigert. Deshalb sollten Zeitschriften einen festen Platz im Schulunterricht an weiterführenden Schulen bekommen. Gemeinsam mit der Stiftung Presse-Grosso unterstützt die Stiftung Lesen das Projekt „Zeitschriften in die Schulen“: Alle angemeldeten Schulklassen werden einen Monat mit ca. 35 aktuellen, thematisch breit gefächerten Zeitschriften beliefert. Die Lehrkräfte erhalten zusätzlich eine 54-seitige Broschüre mit Ideen für den fächerübergreifenden Unterricht und einen Impulsfilm mit weiteren wichtigen Anregungen. Der Andrang ist groß. Dieses Jahr haben sich 12.500 Klassen für das Projekt angemeldet.
Für die Grundschulen hat die Stiftung Lesen in Kooperation mit der Journalistenschule Ruhr eine Broschüre mit „Ideen für den Unterricht“ herausgeben, die bundesweit allen Grundschulen kostenlos zur Verfügung gestellt wird. „Was Zeitungsmacher seit Jahren mit neuen Konzepten für eine junge Zielgruppe propagieren, möchte das Projekt „Zeitung in der Grundschule“ jetzt unterstützen“, so die Stiftung.

FilmForumSchule
Aktiv wird die Stiftung auch in der Branche Film: Der neue Lehrerservice der uip (united international pictures) und der Stiftung Lesen greift Fragen aus der pädagogischen Praxis rund um das Thema „Kino und Schule“ auf. Schwerpunkt des FilmForumSchule ist die Präsentation ausgewählter aktueller Filme der uip. Gemeinsam mit Lehrerinnen und Lehrern werden Unterrichtsideen zu diesen Filmen mit Hinweisen zusammengestellt, für welche Fächer der Film besonders geeignet ist.

Wettbewerbe für Schülerinnen und Schüler
Daneben gibt es immer wieder Wettbewerbe wie „Tesalino und Tesalina“, den Geschichten-Erfinder-Bastel-Wettbewerb, der Lehrkräfte in ihren Bemühungen unterstützen will, Leselust, Phantasie und Kreativität zu wecken. Dazu gehört auch der gemeinsam mit der ZEIT und der Citibank ausgerufene Wettbewerb „Alternativen“, bei dem Schülerinnen und Schüler der Klassen 10 bis 13 mit selbst entwickelten Konzepten zum Thema Arbeitsmarktreform attraktive Preise gewinnen können. Mit dem Leseförderungspreis „AusLese“ prämieren die Commerzbank Stiftung und die Stiftung Lesen gemeinsam alle zwei Jahre herausragendes Leseförderungs-Engagement in Schulen, Kindergärten, Bibliotheken im Buchhandel oder auch von Privatpersonen. Und jedes Jahr feiert die Stiftung Lesen am 23. April gemeinsam mit Partnern den Welttag des Buches. Dieses Jahr mit der Deutschen Bahn AG, dem Omnibus Verlag und dem ZDF unter dem Motto „Reisezeit-Lesezeit“

Leseempfehlungen und Forschungsservices runden das attraktive Angebot ab
Das reichhaltige Angebot der Stiftung Lesen wird durch regelmäßige Leseempfehlungen und einen „Forschungsservice“ abgerundet. Zweimal jährlich sichtet das Redaktionsteam der Stiftung die aktuellen Neuerscheinungen auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt und trifft eine Auswahl an Leseempfehlungen, die ein breites Titelspektrum abdecken. Im hauseigenen „Leseladen“ der Stiftung können zahlreiche Bücher, wie beispielsweise auch der soeben erschienene Band „Erzähl uns eine Geschichte“, der 35 Geschichten der bekanntesten Kinderbuchautoren enthält, online bestellt werden. Auch das „Forum Lesen“ ist dort erhältlich, in der die Stiftung dreimal im Jahr über aktuelle Projekte berichtet, Partner der Leseförderung vorstellt und über bildungspolitische Fragen informiert.

Die praktische pädagogische Arbeit der Stiftung Lesen wird durch eine gründliche Forschungs- und Dokumentationstätigkeit begleitet. Der „Forschungsservice“ bietet aktuelle Daten zum Leseverhalten, die neuesten Studien zur Leseforschung und Informationen zu den zahlreichen Disziplinen, die sich mit der Erforschung des komplexen Phänomens „Lesen“ beschäftigen.

Eine bessere Rundumversorgung zum Thema Lesen und Leseförderung als bei der Stiftung Lesen lässt sich nur schwerlich finden. Damit leistet sie einen großen Beitrag zur nachhaltigen Förderung der Lesekultur in Deutschland und zieht als Mitglied des 2001 gegründeten Netzwerkes „EU Read“, mit der die Leseförderung europaweit gesichert werden soll, jetzt auch weitere Kreise.



Autorin: Petra Schraml

Redaktionskontakt: schraml@digitale-zeiten.de