interview

„Comics sind ein wunderbares Medium“

04.01.2006

Interview mit dem Autor Ralf König über die Rolle von Comics in Deutschland


Ralf König
Ralf König
Spätestens seit „Der bewegte Mann“ zählt Ralf König zu den bekanntesten Comicautoren Deutschlands. Die Zeiten, als der Berliner Rosa Winkel Verlag seine ersten „Schwulcomix“ mit einer Auflage von 500 Stück herausgab (1979), sind längst vorbei.

Ralf König thematisiert auf humoristische Weise in seinen Geschichten das Drama zwischenmenschlicher Beziehungen und insbesondere homosexueller Geschlechtlichkeit, womit er gerade ein junges und junggebliebenes Publikum anspricht. In einem Interview beantwortete er der Lesen in Deutschland-Redaktion Fragen über das Medium Comic und dessen Rolle in Deutschland.

Lesen in Deutschland: Was glauben Sie ist bei einem Comic wichtiger: Die Zeichnung oder das geschriebene Wort?

Ralf König: Na, letztlich ist das Besondere am Comic ja, dass Bild und Wort verschmelzen und zu einer eigenen Erzählform werden. Aber es gibt nach meiner Ansicht wesentlich mehr Comics mit klasse Zeichnungen, aber schlechten oder uninteressanten Texten und Dialogen. Und wenn die Geschichte nicht stimmt, nutzen die schönsten Zeichnungen nichts. Dann lieber sehr reduzierte Zeichnungen mit guten Dialogen, das klappt schon weit besser. Da ist es ähnlich wie im Film, nur tolle Bilder oder Trickeffekte machen eine inhaltsleere Geschichte nicht besser.

Lesen in Deutschland: Was haben Sie bei Ihrer Arbeit als Autor zuerst im Kopf?

Ralf König: Von irgendwoher flattert mir eine grobe Idee zu, also erst die Geschichte. Und mit der geh ich dann eine Weile schwanger, und dann entstehen ungefähre Bilder dazu im Kopf, handelnde Figuren, Pointen etc.

Lesen in Deutschland: Womit kann man Ihrer Meinung nach mehr Inhalt vermitteln?

Ralf König: Man kann auch mit Comics ganz ohne Text Inhalte vermitteln, da sind die Möglichkeiten der Bildsprache weit gefächert. Eigentlich funktioniert es immer ähnlich wie im Film, auch da gibt es ja Beispiele für Geschichten, in denen wenig oder gar nicht mit Worten erzählt wird und nur die Bilder für sich sprechen. Auf der Humorschiene hat das Walter Moers mal sehr schön gemacht im Comic "Wenn der Pinguin dreimal klopft".

Lesen in Deutschland: Wie kam es zur Wahl der Typografie? Kamen dort nur designtechnische oder auch Aspekte wie Lesbarkeit zum tragen?

Ralf König: Das ist halt meine Schrift, da gab es keine Wahl. Ich hatte zwischenzeitlich eine furchtbare Klaue, viel zu klein und krackelig, ich gebe es zu. Aber es ist besser geworden.

Lesen in Deutschland: Comics werden häufig als Brückenmedium zum Buch gesehen, die für Lesemüde eine Art Einstieg in die Literatur darstellen. Wie sehen Sie das, auch im Hinblick auf Ihre Zielgruppe?

Ralf König: Ich weiß nicht, ich fand Comics immer ein eigenständiges Medium, das in sich rund ist und nicht als Einsteiger ins Lesen herhalten muss. Ich hoffe und glaube, dass meine Leser auch Bücher und Romane lesen, ich ziele mit meinen Inhalten ja auch nicht auf Kinder.
 
Lesen in Deutschland: Wie sehen Sie die Situation und Entwicklung der Akzeptanz von Comics in Deutschland? Werden Comics auch hierzulande bald als ein eigenes Literaturmedium gesehen werden?

Ralf König: Darauf wartet die so genannte Comicszene samt der entsprechenden Verlage schon seit 25 Jahren! Deutschland tut sich schwer, Comics als Literaturmedium anzuerkennen, aber möglicherweise auch, weil es so wenig wirklich Anspruchsvolles gibt. Da muss man schon suchen. Bei Comicfestivals zum Beispiel ist es mitunter mühsam, zwischen all dem trivialen Superheldenzeug und Mangas und Fantasykram wirklich gute, gehaltvolle Geschichten zu finden. Aber es gibt sie. Comics sind ein wunderbares Medium, man kann damit sämtliche Stimmungen erzeugen, auf vielfältigste Weise, es braucht nur gute Autoren und mutige Verlage. Da ist in Frankreich, Belgien und auch in den USA wesentlich mehr los.

Lesen in Deutschland: Was planen Sie für die Zukunft? Bleiben Sie dem Medium Comic treu oder könnten Sie sich vorstellen, dass ein Roman zu Ihren nächsten Projekten gehört?

Ralf König: Ich schreibe gern, wie gesagt, der Text und die Geschichte zählen für mich weit mehr als die Zeichnung. Zum Beispiel ein Drehbuch in den Computer hämmern geht im Vergleich zum Comiczeichnen superschnell, vorausgesetzt natürlich, die Idee trägt. Auch Kurzgeschichten hab ich hin und wieder geschrieben, das macht mir viel Spaß. Aber ich denke, ich zeichne einfach doch zu gern, als dass ich's in absehbarer Zeit ganz an den Nagel hängen würde.

Zur Person:
Ralf König studierte 1981–1986 an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf mit dem Schwerpunkt Freie Kunst. Gleichzeitig veröffentlichte er seit 1979 Comics. Ralf König  lebt nach Stationen in Soest, Dortmund und Berlin heute in Köln.

Autor:
Das Interview führte Edgar Pohl, freier Bildungs-Journalist und Zeichner für Zeichentrickfilme.   


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