Bericht

„Books Help us Slow Down“ - Bücher helfen gegen Eile

29.03.2019

Internationaler Kinderbuchtag am 2. April 2019




Plakat zum ICBD 2019
Plakat zum ICBD 2019
Illustration: Kęstutis Kasparavičius
Am 2. April, dem Geburtstag von Hans Christian Andersen, wird seit 1967 weltweit der Internationale Kinderbuchtag (ICBD = International Children’s Book Day) gefeiert. Jedes Jahr übernimmt eine nationale Sektion des International Board on Books for Young People (IBBY), des internationalen Kuratoriums für das Jugendbuch, die Patenschaft über den Kinderbuchtag. 2019 stellt die litauische IBBY-Sektion den Hans Christian Andersen-Tag unter das Motto „Knygos padeda neskubėti“ / „Books Help us Slow Down“ / „Bücher helfen gegen Eile“. Der Autor und Illustrator Kęstutis Kasparavičius hat das Motto künstlerisch umgesetzt. In seiner Botschaft plädiert er dafür, das Lesen als Oase der Ruhe zu begreifen und sich beim Lesen Zeit zu lassen. Ein Flyer mit der Botschaft in litauischer, spanischer, englischer, deutscher und französischer Sprache sowie das Plakat stehen auf der IBBY-Website zum Download zur Verfügung.

Bücher helfen gegen Eile
„Ich hab’s eilig!.. Keine Zeit!.. Tschüß!“ – solche Ausrufe kann man wohl nicht nur in Litauen, einem Land im Zentrum Europas, hören, sondern auch anderswo, eigentlich fast überall auf der Welt. Nicht weniger häufig wird der Gedanke geäußert, dass unser Zeitalter von Informationsflut, Hektik und Rastlosigkeit gekennzeichnet ist.
Dann aber nimmt man ein Buch in die Hände und plötzlich fühlt man sich irgendwie anders. Bücher haben anscheinend eine wunderbare Eigenschaft – sie helfen gegen Eile. Man schlägt sie auf, taucht in ihre besinnliche Tiefe ein, und hat keine Angst mehr, dass die Welt um einen herum in Hochgeschwindigkeit vorbeirast, ohne dass man etwas davon mitbekommt. Da fängt man plötzlich an zu glauben, dass man nicht unbedingt alle anstehenden Arbeiten erledigen muss, deren Wichtigkeit sowieso fragwürdig ist. Im Buch läuft alles leise, ordentlich und der Reihe nach ab. Vielleicht ist es deswegen so, weil seine Seiten mit Zahlen gekennzeichnet sind und beim Blättern so behaglich, zart und einlullend knistern? Im Buch berühren sich die Ereignisse der Vergangenheit sanft mit denjenigen, die sich erst künftig ereignen werden.
Die Welt des Buches ist weit aufgeschlossen, diese Realität nimmt Phantasie und Einbildung freundlich in Empfang. So weiß man auf einmal nicht mehr, wo – im Buch oder im Leben – man gesehen hat, dass die Tropfen bei Tauwetter so schön vom Dach herunter fallen und das Moos auf dem Zaun des Nachbarn doch eigentlich entzückend ist. Dass die Vogelbeeren zwar sehr schön sind, aber bitter schmecken – weiß man es aus dem Buch, oder hat man es tatsächlich selber ausprobiert? War es im Buch, dass man im Sommer auf der Wiese gelegen, dann mit gekreuzten Beinen da gesessen und auf die vorbeiziehenden Wolken geschaut hat, oder gab es das wirklich?
Bücher helfen dabei, sich Zeit zu lassen, Bücher lehren, aufmerksam zu sein, Bücher laden zum Hinsetzen ein, ja, sie zwingen einen dazu. Wir lesen meistens im Sitzen, das Buch liegt auf dem Tisch oder auf dem Schoß – stimmt’s?
Kennen Sie auch noch dieses Wunder – Sie lesen ein Buch und das Buch liest Sie? Ja, ja, Bücher können auch lesen. Sie lesen Ihre Stirn, Augenbrauen, Ihre sich hebenden und senkenden Mundwinkel und insbesondere – Ihre Augen. Und durch die Augen sehen sie ... Na, das wissen Sie ja selber!
Ich bin mir sicher, dass auch die Bücher auf Ihrem Schoß eine spannende Zeit erleben. Ist doch ein lesender Mensch – sei es ein Kind, oder ein Ausgewachsener – viel interessanter als einer, der es scheut, ein Buch in die Hand zu nehmen, der ewig in Eile ist, keine Zeit zum Hinsetzen hat, weil er nichts verpassen will und so Vieles verpasst. Am Internationalen Kinderbuchtag wünschen wir uns gegenseitig interessante, spannende Bücher. Aber auch – dass die Bücher uns spannend finden!

Aus dem Litauischen übersetzt von Lina Plaušinaitytė




Botschaft zum Internationalen Kinderbuchtag 2019
Botschaft zum Internationalen Kinderbuchtag 2019
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