
Wie gut oder schlecht können Schülerinnen und Schüler in Deutschland lesen und schreiben? |
27.06.2018 |
Faktencheck des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
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Titelseite des Faktenchecks © Mercator-Institut |
Stimmt es, dass Schülerinnen und Schüler immer schlechter lesen und schreiben können?
Stimmt es, dass Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund schlechter lesen und schreiben?
Stimmt es, dass Schülerinnen und Schüler aus Familien mit niedrigem Einkommen und niedriger Bildung schlechter lesen und schreiben?
Beeinflusst Inklusion die Lese- und Schreibleistungen?
Wie findet (Lese-)Förderung in deutschen Schulen aktuell statt?
Wie kann man speziell Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund im Lesen und Schreiben fördern?
Große Bildungsstudien (wie z. B. IGLU, PISA, IQB-Bildungstrends) zeigen, dass sich die Leseleistungen bezogen auf die gesamte Schülerschaft verbessert haben oder zumindest weitgehend stabil geblieben sind. Verschlechtert haben sich allerdings die Leistungen im Bereich Rechtschreibung. Das hat zuletzt der IQB-Bildungstrend für Grundschulkinder am Ende der vierten Klasse gezeigt. Die Studie hat außerdem eine bundesweite Debatte ausgelöst, weil sich im Vergleich zwischen den Bundesländern Verschiebungen gezeigt haben: Länder, die vormals gut abgeschnitten hatten, wiesen schlechtere Ergebnisse auf. Im internationalen Vergleich zeigten Grundschulkinder am Ende der vierten Klasse in 20 Staaten bessere Leistungen als deutsche Kinder. Dort nimmt Deutschland einen schlechteren Platz ein als zuvor.
„Wir müssen schauen, wie wir die schwächeren Schüler, die immerhin rund ein Fünftel ausmachen, bestmöglich fördern und unterstützen können“, sagt Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek, Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache.
Zwei Faktoren, deren Einfluss auf die Lese- und Schreibleistungen diskutiert wird, sind der Migrationshintergrund und die soziale Herkunft. So erzielen Kinder mit Migrationshintergrund schlechtere Leistungen als solche ohne Migrationshintergrund. Der Abstand hat sich jedoch seit den ersten großen Bildungsstudien im Jahr 2001 verringert. Außerdem wird der Unterschied kleiner, wenn der soziale Hintergrund berücksichtigt wird: Der Leistungsrückstand reduziert sich bei Schülerinnen und Schülern aus ähnlichen finanziellen, Bildungs- und Familienverhältnissen. Damit zeigt sich: Bildungserfolg hängt vor allem vom sozialen Hintergrund ab. „Anstatt die Debatte immer wieder auf migrationsbedingte Unterschiede zu lenken, muss der Einfluss der sozialen Herkunft auf die Lese- und Schreibleistungen verringert werden. Heterogenität im Klassenzimmer hat viele Facetten, darauf müssen wir alle Lehrkräfte vorbereiten“, fordert Michael Becker-Mrotzek.
Der Faktencheck gibt auch einen Überblick über wissenschaftlich fundierte Fördermöglichkeiten. „Sprachliche Bildung beginnt schon im Elementarbereich: Reimen und Silben klatschen beispielsweise bereiten auf das spätere Lesen und Schreiben lernen vor“, erläutert Dr. Simone Jambor-Fahlen, Autorin des Faktenchecks und stellvertretende Abteilungsleiterin am Mercator-Institut. In der Grundschule spielt dann das Erlernen basaler Fertigkeiten eine wichtige Rolle, etwa flüssiges Lesen: Wer flüssig liest, kann sich besser auf die Inhalte des Textes konzentrieren. „Wir wissen aus der Forschung, dass zur Förderung Lautlesetrainings besonders wirksam sind, zum Beispiel, wenn stärkere und schwächere Schüler im Tandem gleichzeitig laut lesen,“ ergänzt Simone Jambor-Fahlen.
Der Faktencheck steht zum Download zur Verfügung unter:
www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
Das Mercator-Institut wird künftig verstärkt empirisch gesicherte Kenntnisse zu sprachlicher Bildung für Akteure außerhalb der Wissenschaft aufbereiten. So will das Mercator-Institut einen Beitrag zu einer faktenbasierten Debatte über die erfolgreiche Gestaltung von Bildung leisten.
Über das Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
Das Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache ist ein von der Stiftung Mercator initiiertes und gefördertes Institut der Universität zu Köln. Es will sprachliche Bildung verbessern. Um dieses Ziel zu erreichen, erforscht und entwickelt es innovative Konzepte, Maßnahmen und Instrumente für sprachliche Bildung. Es bildet regional Lehramtsstudierende aus sowie bundesweit Pädagoginnen und Pädagogen in Kitas, Schulen und der Erwachsenenbildung fort und bereitet wissenschaftliche Erkenntnisse gezielt für Entscheidungsträger in Bildungspolitik und -verwaltung sowie Bildungspraxis auf. Mit seiner Forschung und seinen wissenschaftlichen Serviceleistungen zu sprachlicher Bildung in einer mehrsprachigen Gesellschaft trägt das Mercator-Institut zu mehr Chancengleichheit im Bildungssystem bei.
Über die Autorin:
Dr. Simone Jambor-Fahlen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und stellvertretende Abteilungsleiterin am Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache. Sie beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Schriftspracherwerb, Leseförderung und Alphabetisierung.
Kontakt:
Dr. Simone Jambor-Fahlen
Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
Universität zu Köln Triforum
Albertus-Magnus-Platz
50923 Köln
Tel.: (0221) 470-7718
E-Mail: simone.jambor-fahlen@mercator.uni-koeln.de
www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
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